FOCUS-Jahrbuch 2010
Schwerpunkt: Der Stand der Werbewirkungsforschung
hrsg. von Wolfgang J. Koschnick
München: Focus Magazin Verlag 2010. 658 Seiten, 49,90 EUR, ISBN 3-98710887-4-3
(vo) Auch das diesjährige Jahrbuch hat wieder ein hochaktuelles Thema. Methoden der Werbewirkungswirkung wurden schon immer kontrovers diskutiert. Neue implizite Techniken können den Sprung zwischen beobachtbarem Verhalten und interpretativem Schließen nicht auflösen. Entsprechend unterschiedlich sind die Positionen der Forscher und Praktiker in diesem Sammelband. Bereits 1957 schrieb Vance Packard in seinem Bestseller: „Die Motivanalytiker … stellen ein faszinierendes und zuweilen beunruhigendes Gespann dar. Die Ergebnisse ihrer Manöver zeigen, dass es mit ihrer Unfehlbarkeit noch gute Weile hat.“ Nach Ansicht Koschnicks scheinen die impliziten Verfahren der aktuellen Hirnforschung nicht grundsätzlich weiter. Wir wissen: Vieles bleibt den Menschen unbewusst. Doch dies sind zumeist motorische Fähigkeiten, bei der Wahrnehmung hingegen gelingt der Nachweis völlig unbewusster Vorgänge nur über Indikatoren (Reaktionszeiten, Gehirnaktivitäten, Blickverläufe). Auch der langjährige Agenturenchef Robert Schützendorf formuliert seine Zweifel am Fortschrittswert der unterschiedlichen Verfahren.
Die verschiedenen Autoren beleuchten das Thema in unterschiedlicher Tiefe. Sicherlich finden sich hier vielfältige Erkenntnisse für jeden, der über einzelne Methoden und ihre Fallstricke mehr erfahren möchte. Einigen der diesjährigen Beiträge fehlt aber leider ihr stringenter Aufbau. So wird es streckenweise eine Qual zu lesen und die Botschaften zu entlocken.
Ausgehend von der generellen Erkenntnis, dass sich jeder Mensch seine Umwelt auch konstruiert, geraten in den Beiträgen immer auch explizite, reflektierte Wahrnehmungen in den Vordergrund. Ihr Stellenwert gilt allgemein als höher und dauerhafter. Viele Erkenntnisse der Hirnforschung dienen der Erklärung explizierter Einstellungen. Und die intensivsten Wirkungen entfalten direkte positive Erlebnisse mit den Produkten. Letztlich verkünden daher viele der neuro-gesteuerten und auf apparative Labor-Experimente bezogenen Beiträge zwischen den Zeilen auch: Werbung wirkt, wenn sie kreativ ist, auffällig und schlüssig mit klarem Bezug zum Produkt daherkommt und wenn sie daher hinreichend Aufmerksamkeitszeit des Betrachters findet.
Dieses etwas bodenständiger festzustellen scheint auch das Ziel der Verlagsstudien zu sein. Seien es Trackingstudien, sei es das neueste VDZ-Projektes AIM – Ad Impact Monitor. Diese Methoden und ihre Ergebnisse werden im Band ausführlich vorgestellt.