Lesernähe: Modell und Instrument für regionale Tagszeitungen

lesernaeheLesernähe: Modell und Instrument für regionale Tagszeitungen

von Antje Plaikner

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013. 246 Seiten, 39 EUR.
ISBN 978-3-8487-0689-1

(vo) In ihrer an der Universität Innsbruck vorgelegten Dissertation untersucht Plaikner die „inhaltliche Annäherung zwischen Journalisten und Lesern“ (S. 22) bei Tageszeitungen. Hierfür wählt sie den Begriff „Lesernähe“ mit dem Ziel, ein entsprechendes Modell zu konzipieren. Dieses konzipiert die Autorin über die drei Säulen a) örtliche Nähe, b) Alltagsnähe (der Zeitung zum täglichen Handlungsstrukturraster ihrer Leser) und c) Interaktion (zwischen Redaktion und Lesern).

Gegliedert ist das Werk in elf sehr unterschiedlich umfangreiche Kapitel. Der einleitende Forschungsüberblick ist dabei etwas sehr allgemein gehalten, da er zu stark einfach nur verweist anstatt Kernaussagen wiederzugeben. Das fünfte Kapitel ist eine Exkursion in die Geschichte und Gegenwart der österreichischen Presse, das mit dem eigentlichen Vorhaben der Autorin eher gering verknüpft erscheint.

Methodisch werden drei Regionalzeitungen aus Tirol, Südtirol und Vorarlberg und eine überregionale Tageszeitung inhaltlich dreifach untersucht:
1) Welche Gemeinden im Untersuchungszeitraum Erwähnung finden ( Gemeindezählung)
2) Welche Inhalte die Regional- und Lokalseiten vermitteln, auch hinsichtlich der Interaktion mit den Lesern (Inhaltsanalyse)
3) Wie häufig bestimmte Themen auf diesen Seiten behandelt werden (Themenfrequenzanalyse)

Hierfür wird aus jedem Jahrgang 1990 bis 2010 eine künstliche Woche ausgewählt und analysiert. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden in den Kapiteln sechs bis zehn präsentiert. Dabei zeigt sich: Deutliche Umfangausweitungen der Ausgaben zwischen 1990 und 2005 kamen nicht der Regionalberichterstattung zugute. Ursächlich war vielmehr die starke Erweiterung der Samstagausgabe durch unterhaltende und Service-Elemente (S. 96f.). Nur die Zeitung aus Südtirol („Dolomiten“) wählte den Weg zunehmender Regionalisierung. In dieser Untersuchung werden vielfältige Aspekte der Tagespresse-Berichterstattung angesprochen, jedes Hauptkapitel der Analyse schließt mit einer die Befunde für die einzelnen Zeitung vergleichenden Zusammenfassung ab.

Im Untersuchungszeitraum sinkt die jährliche Lesemenge durch grafische Optimierungen der Zeitungen: „Die Zahl der Texte insgesamt wird weniger, die Textlängen werden im Durchschnitt kürzer“ (S. 102). Die inhaltlichen Änderungen bleiben insgesamt moderat: Zielgruppenressorts (Kinder, Senioren, Leben,..) nehmen zu, die Wirtschaftsberichterstattung wird umfangreicher. Die Abdeckung der Gemeinden durch die Berichterstattung sinkt eher, die Autorin beobachtet einen Trend hin zur Bevorzugung der städtischen Zonen. Tendenziell nimmt die Boulevardisierung zu und die Politikberichterstattung ab (S. 221). Ein erstaunlicher Befund: Seit etwa dem Jahr 2000 ist die Thematisierung von Umwelt- und Versorgungsthemen deutlich rückläufig (S.222).

Besonders positiv ist an dieser Untersuchung der verhältnismäßig große analysierte Zeitraum (20 Jahre) hervorzuheben , durch den auch Entwicklungen sichtbar werden. Prägnanter hingegen hätten die Zusammenfassungen ausfallen können, insbesondere auch in Hinblick auf die ökonomische Wirksamkeit dieses von der Autorin modellierten Lesernähe-Konzeptes. Zahlt sich eine solche Lesernähe denn auch aus? Konkrete Bezüge zu Auflagen- oder Reichweitendaten werden in diesem Werk jedoch nicht hergestellt.

Fazit: Als inhaltsanalytische Untersuchung regionaler Tageszeitungen Österreichs handwerklich sauber und in sich schlüssig ausgeführt, zeigt dieses Werk einen eher geringen inhaltlichen Wandel in einer Zeitspanne von 20 Jahren auf. Dabei wird „Lesernähe“ eher abstrakt als Gliederungsschema und Orientierungsrahmen, denn als ein in seiner Wirksamkeit belegbares Instrument der Tagespresse operationalisiert.