Von der Rezensionszeitschrift zur Fachinformation
Ursprünge im 18. Jahrhundert
Die Geschichte der Fachpresse reicht zurück bis in das frühe 18. Jahrhundert: Damals waren Zeitschriften ein noch junges Medium und die einzige Möglichkeit, Fortschritte in Wissenschaft und Technik über weite Entfernungen relativ zeitnah und für einen größeren Interessentenkreis zu kommunizieren. Die Gelehrten der Zeit tauschten sich über Zeitschriften aus, die häufig überwiegend Rezensionen enthielten und in der Frühphase zudem in lateinischer Sprache verfasst waren. Die Deutsche Acta Eruditorum, die ab 1712 erschien, ist der erste Titel, der alle Merkmale einer Fachzeitschrift erfüllt, allerdings noch mit universalwissenschaftlichem Anspruch.
Wo genau die Anfänge nicht rein wissenschaftlicher sondern auch berufspraktischer und branchennaher Fachinformationen zu verorten sind, ist jedoch bis heute unerforscht. Die Annalen der Physik, 1790 gegründet als Journal der Physik gelten als älteste noch bestehende deutsche Fachzeitschrift. Die ersten Zeitschriften mit Fachinformationen in deutscher Sprache dürften jedoch etliche Jahrzehnte älter sein. Die Archivbestände früher Zeitschriften in deutschen Bibliotheken sind auf diese Fragestellung hin noch nicht ausgewertet worden.
Fachzeitschriften und Modernisierungsprozess im 19. Jahrhundert
Aber nicht nur die Ursprünge der Fachpresse liegen noch im Dunkeln. Auch für die Geschichte ihrer Entwicklung und Ausdifferenzierung im 19. Jahrhundert gibt es bislang kein Standardwerk. Der damals rasante Modernisierungsprozess brachte fortlaufend neue Erfindungen, Anwendungen, Branchen und Berufe hervor. Der industrielle und wirtschaftliche Fortschritt wurde von Wissenschaftlern, Technikern, Unternehmern einerseits vorangetrieben, von Verlegern, Schriftstellern, Journalisten andererseits begleitet und gefördert. Die Rolle der Fachzeitschriften in diesem Zusammenspiel ist bis heute nicht hinreichend gewürdigt.
Fachpresse nach 1945: Spezialisierung und Digitalisierung
Nationalsozialismus, 2. Weltkrieg, Besatzungszeit und deutsche Teilung haben nach 1945 zu einer Neustrukturierung der deutschen Presselandschaft geführt. Von den Traditionsverlagen der Fachpresse sind etliche verschwunden, viele konnten sich wiedergründen oder umsiedeln. Die in der Bundesrepublik der Nachkriegsjahre prosperierende Wirtschaft führte zu einer bisher nicht gekannten Ausdifferenzierung von Branchenzweigen und den dazugehörigen Fachpublikationen. Weder die publizistische noch die wirtschaftliche Bedeutung der Fachpresse wird seitdem deutlich: Nicht in der Berichterstattung über Medien, nicht in der Aufmerksamkeit der zuständigen Kommunikationswissenschaft und dadurch auch nicht in der universitären Lehre und Ausbildung.
Dies mag an der Unübersichtlichkeit des Gegenstandes liegen: Die heutige Fachpresse-Systematik gliedert sich in 17 Fachgruppen mit zusammen 219 (!) Untergruppen. Zudem erschwert die weitere Ausdifferenzierung der Fachpresse im Zuge der Digitalisierung den Zugang für die Forschung. Aber auch das statistische Wissen über aktuelle Entwicklungen in der Fachpresse muss aufgrund unzureichender systematischer Grundlagen und Abgrenzungen als rudimentär bezeichnet werden.