Repräsentativität ist das Zauberwort für viele Anzeigenverkäufer und Mediaplaner. Man will sicher sein, dass die durch die Befragung gewonnenen Daten auch für alle Leser der Zeitschrift bzw. Nutzer des Angebots zutreffen. Durch die demoskopische Wähler- und Meinungsforschung sind wir inzwischen gewöhnt, dass uns in den Medien repräsentative Aussagen aus der deutschen Bevölkerung (zumeist ab 14 Jahren) präsentiert werden.
Im Verlagsalltag sieht die Sache aber bereits deutlich anders aus. Denn der Aufwand für Untersuchungen, die zweifelsfrei die Grundgesamtheit repräsentieren, kollidiert regelmäßig mit den Grenzen des Etats, der für solche Untersuchungen zur Verfügung steht.
Mathematisch gibt es keinen eindeutigen Schwellenwert für repräsentative Untersuchungen. Worin sich Befragungen unterscheiden, das ist die Verlässlichkeit der jeweiligen Stichprobe. Diese Verlässlichkeit wird wesentlich von der Zahl der befragten Personen beeinflusst (z.B. ob 100, 250 oder 1000 Befragte).
Der Ausschöpfungsgrad der Stichprobe, also die Prozentzahl wie viele Personen aus der Stichprobe überhaupt geantwortet haben, gibt hingegen Auskunft darüber, ob systematische Verzerrungen eingetreten sein könnten. Eine Untersuchung mit einer Ausschöpfung von 75 Prozent bildet also die Grundgesamtheit nicht zwingend besser ab als eine Untersuchung mit einer Ausschöpfung von 50 Prozent oder von 30 Prozent. Es steigt nur die Wahrscheinlichkeit, dass die Antworten frei von systematischen Verzerrungen gegenüber der Grundgesamtheit bleiben.
Ohne eine eindeutig bestimmbare Grundgesamtheit gibt es keine Repräsentativität. Titel, die ganz überwiegend im Abonnement, im Wechselversand oder regelmäßig gratis per Post versandt werden, haben zumindest die Adressen ihrer Bezieher. Sie können einen Kunstgriff anwenden und diese Bezieher zur Grundgesamtheit ihrer „hauptsächlichen Leser“ erklären, aus der dann eine Stichprobe gezogen wird. Die Ergebnisse hieraus sind dann nicht für alle Leser, sondern zumindest für die tatsächlich verbreitete Auflage (tvA) repräsentativ.
Schließlich gibt es noch Zeitschriften, die kaum Möglichkeiten haben, repräsentative Daten erheben zu lassen, weil sie – wenn überhaupt – nur für einen Teil ihrer Auflage über Adressen verfügen: Kaufzeitschriften, die ausschließlich oder überwiegend über den Einzelhandel vertrieben werden. Gratiszeitschriften, die regional zur Mitnahme ausgeliegen. Fachzeitschriften mit einem sehr hohen Anteil an Sammel- oder sonstigen Verkäufen.
Dies gilt auch für alle offenen Onlineangebote: Eine Urliste sämtlicher Nutzer als Ausgangspunkt für eine repräsentative Befragung ist undenkbar. Anders stellt es sich bei Newslettern dar: Hier existiert zumindest eine vollständige Liste aller email-Adressen, die als Basis für Stichprobenbildungen grundsätzlich geeignet ist.
Aber sollen alle Titel und Angebote auf Forschungen zu den Interessen und Vorlieben ihrer Leser und Nutzer verzichten, nur weil sie zu keinen repräsentativen Daten kommen können?
Auch nicht repräsentative Befragungen liefern wertvolle Ergebnisse, sofern sie methodisch einwandfrei durchgeführt werden.