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Horvath, Dora:
Bitte recht weiblich! Frauenleitbilder in der deutschen Zeitschrift "Brigitte" 1949-1982. Zürich: Chronos Verlag 2000. 362 Seiten, 64 DM, ISBN 3-905313-62-6.
(do) Die Dissertation von Dora Horvath zählt zur Gruppe der Arbeiten, die einzelne Zeitschriften für eine bestimmte Fragestellung als Indikatoren sozialen Wandels heranziehen. Hier geht es speziell um die Veränderung von Leitbildern und Deutungsmustern von Weiblichkeit, die erstens anhand der Modefotografie, zweitens anhand von Textbeiträgen zu den Themenbereichen Liebe und Partnerschaft in "Brigitte" über die Jahre hinweg untersucht werden. Die Forschungsperspektive ist soziologisch: "Klassische Frauenzeitschriften repräsentieren weibliche Lebenswelt insofern, als sie reflektieren und normieren, in welcher Relation und Funktion Frauen - als 'das andere Geschlecht' - zur Öffentlichkeit, also zur zukunftsgerichteten Wachstums- und Fortschrittsgesellschaft stehen sollen." (S.28)
Nachdem in der Einleitung Fragestellung, Problemfeld, Methode und Aufbau der Untersuchung ausführlich erläutert werden (30 S.), folgt eine Darlegung der Theorie des Sozialen Wandels nach Kurt Imhof und Geatano Romano (13 S.). Die Entwicklung der Bundesrepublik seit ihrer Gründung bis zum Koalitionswechsel 1982 wird im nächsten Teil auf 16 Seiten resümiert. Das Hauptkapitel zur Analyse der Modefotografie (123 S.) eröffnet die Autorin mit methodischen Vorüberlegungen: "Die Fotografien wurden mit einer hermeneutisch-assoziativen Methode interpretiert. Für die Analyse des visuellen Diskurses scheint diese verstehende Zugangsweise zu den Fotografien dank ihrer relativen Unvoreingenommenheit - beispielsweise einer ausgeklügelten Checkliste einer quantitativ ansetzenden Methode gegenüber - methodisch äußerst fruchtbar und für den Erkenntnisgewinn von groß
em Wert zu sein." (S.76). "Zu heuristischen Zwecken wurden die Fotografien, um den Zugang zu erleichtern, behelfsmässig in drei analytische Ebenen eingeteilt." (S.77). Gerade das für die Zeitschriftenforschung besonders interessante Problem der Zeitreihenanalyse von Fotografie wird hier offensichtlich mehr umschifft als angegangen. Der praktische Teil der Untersuchung enthält dennoch eine Vielzahl erhellender Beispiele und Befunde: Der Weg des Modeteils in "Das Blatt der Hausfrau", später "Brigitte", vom "dominanten Stil" der 50er Jahre zum Stilpluralismus der späten 60er und 70er Jahre wird dem Leser - auch durch die Vielzahl von Abbildungen - plausibel nachvollziehbar.
Es folgt das andere Hauptkapitel über den sprachlichen Diskurs zur Geschlechterdifferenz (149 S.). Dieses skizziert einen Wandel weg von der eindeutigen Favorisierung der Hausfrauen-Rolle, über eine stärker partnerschaftliche Eheauffassung, hin zum Aufgreifen von Diskursen der Frauenbewegung in "Brigitte".
Wie das Schlußwort (7 S.) nochmals zusammenfasst, sind visueller und sprachlicher Diskurs in "Brigitte" in ihren Aussagen nicht analog: "(...) der Modeteil reflektiert - über einen Rückgriff auf vormoderne Deutungsmuster - mit seiner vielschichtigen Naturthematik die Entfremdungserfahrungen der Moderne, während der redaktionelle Teil mit seiner Egalitäts- und Individuationsthematik auf die Postulate der Aufklärung verweist und die Moderne mit einem Blick auf die zentralen Prinzipien des Nachkriegsmodells, nämlich Demokratie und Chancengleichheit, mithin auf die unteilbaren Prinzipien der Moderne mit genuin modernen Deutungsmustern problematisiert." (S.344)
Alles in allem eine beachtenswerte Arbeit. Sie ist allerdings sprachlich (vgl. das letzte Zitat) ein Musterbeispiel des berüchtigten Soziologendeutsch.
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Zeitschrift "Leica World":
Serie über Art-Directoren in den Ausgaben 1/1996 ff.
Solms: Leica Camera AG. 1996 ff., Einzelheft im Presse- und Buchhandel 25 DM.
Abonnement über Tel.: 06442-208-401
1/1996 Alexander Liberman (VU / Vogue), S.12-17
1/1997 Henry Wolf (Esquire, Harper's Bazaar), S.12-19
2/1997 Willy Fleckhaus (twen)
1/1998 Peter Knapp (Elle), S.20-27
2/1998 Rolf Gillhausen (Stern), S.18-27
1/1999 Alexej Brodovitch (Harper's Bazaar), S.16-27
1/2000 Mike Meiré (Econy, Brand Eins), S.32-39
2/2000 Tibor Kalman (Interview, Colors), S.34-39
(md) Die halbjährlich erscheinende Zeitschrift "Leica World", herausgegeben von der Leica Camera AG., veröffentlicht seit 1996 eine Serie von Beiträgen über wichtige Art-Directoren. Bislang sind acht Folgen erschienen - überwiegend in Form von Interviews. An den meisten Beiträgen war Michael Koetzle, Chefredakteur von "Leica World", beteiligt. Koetzle hat sich bereits mit seinen Büchern über "twen" und Willy Fleckhaus im Themenfeld Zeitschriftengestaltung profiliert.
Alle Beiträge befassen sich mit dem beruflichen Werdegang der Art-Directoren, mit deren Arbeitsweise und gestalterischem Credo.
Der Beruf des Art Directors entwickelte sich in den USA der 30er und 40er Jahre. Dort wurde die Bedeutung der Grafik für das Produkt Zeitschrift erkannt und die Funktion des Layouters entsprechend aufgewertet. Insbesondere die New Yorker Presselandschaft wurde zum Anziehungspunkt für künstlerische Talente aus Europa. Die beiden "Pioniere" Alexey Brodovitch (1934-1958 bei "Harper's Bazaar") und Alexander Liberman (1943-1995 bei "Vogue") hatten beide vorher in Paris Erfahrungen im Bereich der Werbegrafik gesammelt.
Um Art Director zu werden, brauchte es nicht unbedingt eine grafische Ausbildung an einer Kunstgewerbeschule, wie etwa Peter Knapp sie in Zürich (bei Johannes Itten)durchlief. Vielmehr fällt auf, dass die meisten porträtierten Art Directoren Autodidakten sind, aber über eine jeweils breite zeichnerische und/oder fotografische Begabung verfügen. Nur wenige der Art Directoren begnügen sich entsprechend mit der Rolle, primär für das Visuelle zuständig zu sein: Nur auf Peter Knapp trifft das zu, der seine Arbeit mit der "Montage eines Films" vergleicht. Rolf Gillhausen hingegen mag überhaupt nicht als Art Director bezeichnet werden, sondern als "Blattmacher". Mike Meiré sieht sich lieber in der Rolle des Produzenten oder Regisseurs. Und für Tibor Kalman waren das Themenspektrum und das gesellschaftliche Engagement der Titel, für die er arbeitete, zentral.
Henry Wolf, Nachfolger von Brodovitch bei "Harper's Bazaar" betont, dass sich seit den 50er Jahren vor allem die Rahmenbedingungen des Magazingeschäfts geändert hätten: "Das Problem ist, dass es heute nur noch ums Geldverdienen geht." Während die Art Directoren früher in Konzeption, Wahl der Mitarbeiter und Durchführung weitgehend freie Hand gehabt hätten, unterliege heute alles der Budgetkontrolle. Auch Marktanalysen gab es noch nicht. "Wenn man erst einmal 5000 Leute befragt, was sie davon halten, kommt immer mittelmäßiges Zeug raus."
Die sehr zielgerichteten Texte sind jeweils ausführlich bebildert, wodurch das Spezifische in der Arbeit des jeweiligen Art Directors gut herausgearbeitet wird. Eine Fortsetzung der Serie ist geplant. Das nächste Heft wird im April 2001 erscheinen.
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Lipp, Michael:
Bildpropaganda im Dritten Reich. Die Illustrationen in den Zeitschriften unter der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland
St. Katharinen: Scripta Mercaturae Verlag 1999. 139 Seiten, 36 DM, ISBN 3-89590-083-4
(md) Mit der Untersuchung von Illustrationen in Zeitschriften
hat sich der Autor eines Themenbereichs angenommen, für den
sich - wie im Vorwort zu Recht beklagt - keine Wissenschaftsdisziplin
so richtig zuständig fühlt. Die Kunsthistoriker befassen
sich mit den hohen Künsten und sparen die "angewandte
Massenkunst" tendenziell aus; die Publizistikwissenschaftler
wie die Buch- und Bibliothekshistoriker analysieren lieber Texte
als Bilder. Das Defizit ist also offensichtlich. Die Hoffnung
des interessierten Lesers, die vorliegende Arbeit würde Ansätze
zu seiner Verringerung liefern, wird aber leider enttäuscht.
Das Buch besteht aus einem relativ schmalen Textteil
(47 Seiten) und einem etwas umfangreicheren Abbildungsteil (84
Seiten). Hinzu kommen ein Literatur-, Zeitschriften-, und Abbildungsverzeichnis.
In vier kurzen Kapiteln werden einige Informationen über
das Verhältnis von Kunst, Ideologie und Propaganda in der
NS-Zeit zusammengetragen. So erläutert der Autor zwar die
Institution der Reichspressekammer. Eine genauere Darstellung
der gezielten Einflußnahme auf die Inhalte der Presse (etwa
die nahezu täglichen, sehr akribischen "Presseanweisungen")
unterbleibt jedoch.
In die Untersuchung wurden Zeitschriften einbezogen
"(...) die regelmäßig und innerhalb der einzelnen
Ausgaben mehrfach mit Illustrationen versehen sind." (S.
11). Kriterien für die Auswahl gerade dieser Illustrationsbeispiele
sind nicht genannt. Es folgen fünf Kapitel, die jeweils eine
"Gattung" von Zeitschriften abhandeln: Kunst- und Kulturzeitschriften,
Satirezeitschriften, Illustrierte Unterhaltungs- und Familienblätter,
Illustrierte Kampfblätter und militärische Zeitschriften.
Für diese Gruppen versucht der Autor zu zeigen, wie sich
die exemplarisch dargestellten Titel in der NS-Zeit veränderten
und wie dies in einzelnen Illustrationen sichtbar wurde. Die Bildanalysen
fallen dabei jedoch meist recht knapp aus. Ein abschließendes
Kapitel zur "Wirkung der Illustrationen in den Zeitschriften"
kann - da konkrete Ergebnisse die zusammenzufassen wären,
nicht erzielt wurden - lediglich behaupten: "Ihre Wirkung
auf ihr Publikum war sicherlich bedeutsam, differierte aber in
der Intensität und in der Zielrichtung je nach Zeitschrift
und entsprechender Leserschaft."
Da der Verfasser die Studie offensichtlich ohne jegliche
methodische Problematisierung durchgeführt hat, verzichtet
er auch auf forschungsleitende Fragestellungen. Damit steht es
weiterhin aus, kunsthistorische Verfahren der Bildanalyse für
die Presseforschung fruchtbar zu machen.
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Stockmann, Ralf:
Spiegel und Focus. Eine vergleichende Inhaltsanalyse 1993-1996
Göttingen: Schmerse Verlag 1999. 151 Seiten, 32 DM, ISBN 3-926920-26-2
(do) 1993 startete "Focus" mit dem Anspruch,
nicht nur die jahrzehntelange Alleinstellung des "Spiegel"
als Nachrichtenmagazin zu beenden, sondern sich in der Art der
Informationsvermittlung, im Nutzwert und in der Zielgruppenorientierung
vom Konkurrenten deutlich abzusetzen.
Die vorliegende Untersuchung prüft, wie sich
bei "Focus" Anspruch und Verwirklichung jenseits der
rein quantitativen Daten Auflage und Anzeigenaufkommen verhalten.
Sie vergleicht hierzu beide Magazine in einem Zeitraum, der vom
Markteintritt bis zur Etablierung von "Focus" reicht.
Als Untersuchungsmethode wird eine computergestützte Inhaltsanalyse
auf der Basis einer repräsentativen Stichprobe verwendet,
sie wird ausführlich erläutert. Der Vergleich der Magazine
findet auf den drei Ebenen Titelblätter, komplette Heftausgaben
und einzelne Artikel statt.
Die erkenntnisleitenden Fragestellungen:
- welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten haben die Zeitschriften?
- hat der "Spiegel" auf "Focus" reagiert?
- gibt es qualitative Unterschiede in der Berichterstattung?
Die Ergebnisse werden klar, knapp und übersichtlich
erläutert. Grafiken und Zusammenfassungen kommen auch dem
eiligen, rein ergebnisorientierten Leser entgegen. Die Quintessenz
ist eindeutig formuliert: zwar erfüllt "Focus"
die wesentlichen Anforderungen an ein Nachrichtenmagazin, eine
größere Informationsdichte und ein höherer Nutzwert
als beim "Spiegel" ließen sich jedoch nicht nachweisen.
Vielmehr kam die Analyse der Berichterstattung von "Focus"
zu dem Befund, diese sei "oberflächlicher". Der "Spiegel" hat im Untersuchungszeitraum
hingegen nicht auf den Konkurrenten reagiert, sondern seine Linie beibehalten.
Dieses Buch erscheint drei Jahre nach dem Ende des
Untersuchungszeitraums. Daher drängt sich die Frage, wie
sich das Verhältnis der Titel heute darstellt, dem Leser
nach der Lektüre auf. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden
allerdings vorab bereits gekürzt in der Zeitschrift Publizistik
(Heft 1/1998, S. 1-21) sowie zeitweise vollständig im Internet
veröffentlicht.
Zur Zeit befasst sich der Autor mit einer Nachfolgeuntersuchung, in der die externe Relevanz der Titel ermittelt werden soll. Hierbei lautet die zentrale Forschungsfrage: "Berichten die Magazine über wichtige Themen?"
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Klammer, Bernd:
Pressevertrieb in Ostdeutschland. Die wirtschaftlichen und politischen Interessen beim Aufbau eines Pressegroßhandelssystems nach der Oktoberwende 1989
München: K.G. Saur 1998. 256 Seiten, 54 DM, ISBN 3-598-21319-0
(vo) Seit den Veröffentlichungen von Brummund und
Schwindt aus dem Jahr 1985 hat es keine kommunikationswissenschaftliche
Publikation mehr über den Pressehandel gegeben. Die spannenden
Ereignisse des (ungleichen) Kampfes um den Pressevertrieb in den
neuen Bundesländern hat Bernd Klammer zum Anlaß genommen,
sich diesem Thema zuzuwenden. Systematisch rekonstruiert er auf
breiter Quellenbasis die Ausgangssituation, die Geschehnisse zwischen
Oktober 1989 und dem Juli 1992 sowie die Aktionen und Positionen
der beteiligten Akteure. Deutlich wird, dass die Großverlage
Bauer, Springer, Gruner+Jahr sowie Burda zunächst eine (schon
lange geplante?) vertikale Konzentration in den Pressegroßhandel
ungestört umzusetzen hofften. Hierzu fanden sie in der Deutschen
Post der DDR einen leichtgläubigen "Partner". Strategie-Differenzen
zwischen diesen Verlagen, ein wacher Verlags-Mittelstand, engagiert
mobilisierende Pressegrossisten und ein klug handelndes Bundeskartellamt
verhinderten dieses Vorhaben. Dennoch haben sich die Großverlage
ihre Filetstücke in den neuen Bundesländern sichern
und zugleich eine Strategie einschlagen können, dem Westgrosso
langfristig die Daumenschrauben enger anzuziehen. Wenig rühmlich,
dass der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) damals
einseitig nur die Interessen der Großverlage vertrat.
Die Arbeit von Klammer ist ein wichtiger Beleg für
die Stärke und Reichweite der Macht der Großverlage.
Sie kann zugleich als Mahnung an die Politik gelesen werden, dem
Pressesektor mehr Aufmerksamkeit zuzuwenden oder ganz dem freien
Spiel der Marktkräfte zu überlassen.
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Schreiber, Hermann:
Henri Nannen. Drei Leben.
München: C. Bertelsmann 1999. 448 Seiten, 49,90 DM, ISBN 3-570-00196-2
(vo) Dies ist die dritte Biographie über Henri Nannen
und mit Sicherheit auch die beste. Akribisch hat Schreiber das
Leben des STERN-Machers mit Unterstützung der Familie Nannen,
des Hauses Gruner+Jahr und vieler Wegbegleiter ausführlich
recherchiert, recherchieren lassen und dargestellt. Die hierbei
gewählte Präsentationsform in kurzen Geschichten führt
zu einem sehr kurzweiligen Leseerlebnis. Schreiber zeichnet ein
sehr spannendes Psychogramm Nannens auf, wobei er auch Brüche,
Widersprüche, Ungereimtheiten und Mythenbildungen offen benennt.
Wer dieses Buch aus der Hand legt, hat nicht nur viel über
Henri Nannen und den "Stern" erfahren, sondern auch
über das Haifischbecken des Zeitschriftenverlagswesens der
deutschen Nachkriegszeit, über Journalistenkarrieren und
Verlegerhandeln.
Zum Schluss hilft ein Namensregister in der
wiederholten Benutzung beim gezielten Nachschlagen von Sachverhalten
und Episoden.
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Burda Advertising Center (Hrsg.):
Intermediale Perspektiven - "Neue Erkenntnisse zur Print- und TV-Forschung". Zweites Symposium
Offenburg: BAC Burda Advertising Center 1998. 146 Seiten, 50 DM, ISBN 3-9804468-5-9
(gl) Dieser Sammelband dokumentiert das gleichnamige
BAC-Symposium vom November 1998. Dreizehn Autoren aus der Medien-
und Mediaforschung skizzieren ihre Methoden und Befunde zum Thema
Werbewirkung. Der Band ermöglicht Außenstehenden einen
unmittelbaren Einblick in die Welt der Mediaforschung und ihrer
Themen, Insider können ihre eigenen Ansichten an den Positionen
und Argumentationen überprüfen.
Sieben Beiträge haben einen engen Bezug zur
Printforschung, von diesen sind zwei vorab besonders hervorzuheben:
Die methodischen Probleme der kontinuierlichen Leserschaftsforschung
referiert Hans-Erdmann Scheler sehr anschaulich anhand der Diskussionen
in der AG.MA. Er behandelt auch die Möglichkeiten, vergleichbare
Methoden-Maßstäbe für Intermedia-Betrachtungen
zu entwickeln, wobei Scheler skeptisch ist, dass dies gelingen
kann. Sodann findet sich ein knapper, sorgfältig strukturierter
Überblick über das Spektrum der aktuellen wissenschaftlichen
Erkenntnisse zu Werbe- und Medienwirkungen, verfasst von Michael
Schenk.
Weitere Beiträge: Hans Georg Stolz plädiert
für kontinuierliche Inhaltsanalysen der populären Zeitschriften.
Sein Unternehmen klassifiziert seit Januar 1997 jeden Artikel
jeder einzelnen Ausgabe von 75 Zeitschriften in ein Raster aus
230 Einzelthemen, um Themenkompetenzen zu ermitteln.
Dass Zeitschriften ihr Leserpotential nicht bereits
in ihrer Erscheinungswoche ausschöpfen, und welche Implikationen
dieser Befund für Media-Mix-Kampagnen hat, erläutern
Ernstwilhelm Wöhler und Markus Schöne.
Das CrossMedia-Projekt von Burda stellt Manfred Niesel
vor; dieses folgt einem rezipientenorientierten Ansatz und untersucht
medienübergreifende Nutzungsmotive spezifischer Zielgruppen.
"Mit welcher Werbung kann man dem Special Interest-Leser
kommen?". Diese Frage hat Christoph B. Melchers tiefenpsychologisch
untersucht. Die SI-Lektüre erreiche einen Grad der Fesselung
wie bei der faktischen Hobbyausübung. Entsprechend empfiehlt
Melchers Werbeschaltungen für Waren, die in den Kontext der
Leidenschaft selbst oder einer angenehmen Lesesituation passen.
Schließlich öffnet Erhard Meier den Blick
nach Europa, indem er die verschiedenen nationalen Leserschaftsstudien
im Überblick darstellt und methodische Unterschiede exemplarisch
benennt.
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Hirschhausen, Ulrike von:
Liberalismus und Nation. Die Deutsche Zeitung 1847-1850. (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der
politischen Parteien, Bd. 115)
Düsseldorf: Droste 1998. 348 Seiten, 78 DM, ISBN 3-770-5215-3
(Rudolf Stöber, Borgsdorf bei Berlin) Ulrike von Hirschhausens interessante Studie ist komplett aus eigener
Quellenforschung erstanden und beleuchtet nicht nur die Frühgeschichte der
deutschen Parteibildung neu. Sie hat auch eine hohe Bedeutung für die
Presseforschung, weil sie eine umfassende Biografie dieser Tageszeitung leistet. Angesprochen werden hierbei auch Themenfelder wie innere Organisation, Zeitungsökonomie, Leserschaftsanalyse, politischer Kontext. Lässig dahingeschriebene Fehleinschätzungen sind die große Ausnahme: "Erstmals lassen sich [im 19. Jahrhundert] mit dem gedruckten
Wort, mit der gedruckten Neuigkeit auch finanzielle Gewinne erzielen." (S.
68) Doch Gewinnstreben ist das A und O der Presse von Johann Carolus bis Axel
Springer.
Die Autorin zeichnet die DZ als Wirtschaftsunternehmen und trifft
differenzierte Aussagen zur Soziologie der Mitarbeiter und der Leserschaft.
Die Zeitung wurde 1847 gegründet, erlebte in der Revolution eine kurze Blüte und musste schon 1850 eingestellt werden, weil sich die Betreiber
hoffnungslos verkalkuliert hatten. Schuld am finanziellen Desaster war
neben den politischen Umständen das Unvermögen, genügend Anzeigen zu
akquirieren und die Uneinsichtigkeit, dass auch überregionale politische
Zeitungen gut daran taten, die Leserschaft mit einem guten Feuilleton zu
versorgen. Auch der bewusste Verzicht auf einen regionalen Schwerpunkt mit
Lokalberichterstattung ist zu den Management- und Marketingfehlern zu rechnen.
Die Arbeit hat Hand und Fuß.
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Groß, Rolf:
Presserecht. 3., völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage.
Heidelberg: C.F. Müller 1999. 674 Seiten, 178 DM, ISBN 3-8114-8598-9
(vo) 1987 erschien die zweite Auflage dieses Handbuchs. Nun liegt seit Ende 1999 die dritte Auflage vor, sie ist völlig neubearbeitet und erweitert. Das Werk gliedert sich übersichtlich in drei Teile:
- Der Allgemeine Teil umfasst die Themen Begriff, Gesetzgebungskompetenzen, Aufgabe, Verantwortung, Freiheit, Konzentration, Mitbestimmung sowie Presse und Rundfunk.
- Im Besonderen Teil werden Presseordnungsrecht, Auskunftsanspruch, Gegendarstellung, Beschlagnahme, Strafrecht und Zeugnisverweigerungsrecht behandelt.
- Der Anhang dokumentiert die Vorschriften des Landespresserechtes und die Gegendarstellungsbestimmungen der Landesrundfunkgesetze. Zudem finden sich hier Musterschreiben für Ansprüche oder Ablehnungen auf bzw. von Auskunft, Gegendarstellung, Unterlassung. Ein aktuelles Literaturverzeichnis gibt die Möglichkeit, Themen zu vertiefen.
Das Handbuch ist durch seinen Aufbau und das sehr ausführliche Stichwortverzeichnis sowohl zur systematischen Aneignung des relevanten presserechtlichen Fachwissens als auch zum gezielten Nachschlagen sehr geeignet. Die Themen und Stichworte sind kompetent und verständlich auf dem neuesten Stand abgehandelt. Groß präsentiert dem Leser nicht nur die reine Faktenlage. Er schildert auch Veränderungen in der Rechtsprechungspraxis der Gerichte. Zudem werden rechtspolitische Positionen der Parteien durch die Nachzeichnung von Entwurfsalternativen in vergangenen Gesetzgebungsverfahren (z.B. zum Zeugnisverweigerungsrecht) transparenter.
Hierbei interpretiert und bewertet Groß die rechtlichen Bestimmungen und Vorgänge nicht auf der Grundlage einer "rein liberalen individualrechtlichen Theorie" der Pressefreiheit als Abwehrrecht. Diese Position lehnt er zutreffend als nicht mehr zeitgemäß ab. Groß bestimmt die Pressefreiheit als Funktionsgrundrecht im Sozialstaat. Grundrechte haben damit auch "eine leistungsrechtliche Komponente". Aus dieser Sichtweise heraus behandelt das Handbuch besonders ausführlich auf allein 80 Seitendie Themen Pressekonzentration, Mitbestimmung und Konzentrationskontrolle.
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