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Rezensionen zu Neuerscheinungen 2004 - 2007

 

     
    Rath-Glawatz, Michael u.a.:
    Das Recht der Anzeige. Print, Rundfunk, Online. 3. Auflage
    Köln: Verlag Dr. Otto Schmidt 2006. 420 Seiten, 69,80 EUR, ISBN 3-504-67100-9
      (vo) In dritter Auflage, 120 Seiten dicker und erweitert um Stichwörter zum Online-Bereich ist ein dennoch kompaktes Nachschlagwerk erschienen. In der AfP-Praxisreihe schreiben Juristen für juristische Laien und Praktiker gleichermaßen.

      Die rund 150 Stichworte sind nach den drei Sachgebieten Print, Rundfunk, Internet getrennt und dann alphabetisch gegliedert. Sie lassen sich gut über das Inhaltsverzeichnis oder das Sachverzeichnis erschließen.

      Die ersten 292 Seiten widmen sich den Anzeigen in Printmedien. Die Stichworte sind zwischen einer Seite (Abwicklungsfrist) und über 23 Seiten (Eigenwerbung/Verlage) lang. Innerhalb der Stichwörter sind wichtige Begriffe fett hervorgehoben. Zu jedem Stichwort gibt es in Fußnoten Verweise auf Gerichtsurteile, Fachaufsätze oder Standardwerke. Mitunter sind auch Texte aufgenommen, zum Beispiel Muster-Geschäftsbedingungen oder Richtlinien. Die Autoren referieren nicht nur die höchstrichterliche Rechtsprechung, sie kommentieren sie auch. Sehr ausführlich behandeln die Autoren das weite Themenfeld Schleichwerbung, Kennzeichnung von Anzeigen, bzw. redaktionell gestaltete Anzeigen.

      Fazit: Ein hilfreiches Nachschlagwerk zur raschen ersten Orientierung in Rechtsfragen, das sich nicht auf die Wiedergabe der aktuellen Rechtslage beschränkt.
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    Brummund, Peter:
    Struktur und Organisation des Pressevertriebs.
    München: Saur 2006. 725 Seiten, 64 EUR, ISBN 3-598-11449-4
      (vo) Bereits 1985 hat der Autor - damals zusammen mit Peter Schwindt - unter dem gleichen Titel ein Werk veröffentlicht, das seitdem das Standardwerk über die Grundlagen, Funktionsweisen und Problemzonen des Pressevertriebs in Deutschland geblieben ist.

      Der gut informierte Insider Brummund hat sein Buch nicht überarbeitet, sondern vielmehr eine komplette Neufassung vorgelegt. Sie folgt im Aufbau und im Umfang der zunehmenden Ausdifferenzierung des Vertriebssektors. Dadurch haben sich Zielsetzung und Charakter des Buchs vollständig verändert.

      Der Autor verabschiedet sich von einer primär wissenschaftlichen Überblicksdarstellung. Stattdessen ist das Ziel "ein A-Z des Pressevertriebs" als "ein Nachschlagewerk für Vertriebspraktiker, Verlagskaufleute, Studenten, Auszubildende, Trainees und Praktikanten, aber auch Quereinsteiger und Medienökonomen". Die Komplexität des Werks korrespondiert mit der Komplexität des Vertriebssystems: Eine dem Buch beiliegende graphische Übersicht veranschaulicht, dass es in Deutschland 47 verschiedene Varianten gibt, wie Zeitungen und Zeitschriften in Deutschland an ihre Leser gebracht werden.

      Fazit: Insiderwissen, thematisch umfassend, umfangreich und detailliert in der Darstellung. Nicht nur Fakten sondern auch Konfliktlinien und Einschätzungen.
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    Maurer, Marcus und Carsten Reinemann:
    Medieninhalte. Eine Einführung. Lehrbuch
    Wiesbaden: VS 2006, 279 Seiten. 19,90 EUR, ISBN 3-531-14008-6
      (do) Welche Politiker kommen am häufigsten in der Presse zu Wort? Wie berichten Medien über Kriminalität? Wie werden Frauen und Männer in der Werbung dargestellt? Die Untersuchung der Inhalte unserer Medien ist ein zentrales Forschungsfeld der Kommunikations- und Medienwissenschaft. Zahlreiche Lehrbücher existieren bereits zu den genutzten Methoden.

      Eine Einführung zu den Ergebnissen dieses Forschungszweigs gab es bislang nicht. Die Autoren konzentrieren sich auf Presse, Fernsehen, Hörfunk und Internet.

      Den größten Teil nimmt das Kapitel über "Aktuelle Berichterstattung" ein. Sie ist am umfangreichsten erforscht. Politik- und Wahlkampfberichterstattung, Berichterstattung über Ausland und Ausländer, Wirtschaftsberichterstattung, Gewalt, Kriege, Kriminalität sowie Risiken in Umwelt, Technik und Gesundheit sind dabei die wesentlichen Bereiche. Ein bedeutend kürzeres Hauptkapitel befasst sich mit Unterhaltung in den Medien. Hier werden nur einige ausgewählte Aspekte vertieft - besonders die Darstellung von Gewalt. Auch die kommerzielle und politische Werbung wird in einem kurzen Kapitel berücksichtigt.

      Fazit: Ein interessanter Überblick über die Schwerpunkte und Ergebnisse der inhaltsanalytischen Medienforschung. Viele Grafiken zur Veranschaulichung.
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    Bentele, Günter und Hans-Bernd Brosius und Ottfried Jarren (Hrsg.)
    Lexikon Kommunikations- und Medienwissenschaft.
    Wiesbaden: VS 2006. 337 Seiten, 29,90 EUR, ISBN 3-531-13535-X
      (vo) Erneut ist ein Lexikon zur öffentlichen Kommunikation erschienen. Es überzeugt als Gemeinschaftswerk von 92 Wissenschaftlern in Inhalt, Umfang und Preis. Denn es ist sorgfältig lektoriert und an seinem Beginn stand die umfassende Analyse vorhandener Lexika und Wörterbuch, um die relevanten rund 900 Stichworte zu ermitteln. Je nach Wichtigkeit werden diese in drei verschiedenen Umfängen abgehandelt: eine halbe Spalte bei einfachen Begriffen ("Regressionsanalyse"), eine Spalte bei zentralen Begriffen ("Reichweite"), bis zu vier Spalten bei Grundlagenbegriffen ("Kommunikationsprozess").

      In erster Linie ist dies ein wissenschaftliches Fachlexikon. Die Prägnanz der Stichworte ist aber auch für alle Praktiker hilfreich, um einschlägige Termini rasch nachzuschlagen.

      Fazit: Kompaktes Nachschlagwerk zum gesamten Forschungsgebiet der Kommunikationswissenschaft.
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    Wolf, Claudia Maria:
    Bildsprache und Medienbilder. Die visuelle Darstellungslogik von Nachrichtenmagazinen
    Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2006. 335 Seiten, 39,90 Euro, ISBN 3-531-14659-9
      (do) Die Visualisierung war der dominante Veränderungsfaktor in den Rezeptionsgewohnheiten von Medien im 20. Jahrhundert und bleibt es wohl auch weiterhin. Doch während die Praxis immer ausgefeiltere Techniken anwendet, hinkt die Forschung mit der Beschreibung und Erklärung visueller Darstellungen kräftig hinterher. Um textsprachliche Elemente kümmert sich eine lange sprachwissenschaftliche Tradition neben ungezählter Inhaltsanalysen, Schreibfibeln und journalistischen Lehrbüchern.

      Wer aber durchdringt die "Sprache der Bilder"? Wolf geht es um die visuelle Politikvermittlung in Nachrichtenmagazinen. Sie entwickelt die These, dass die Bild-Ikonographien "Dialekten" folgen, die nur im jeweiligen Mediensegment Geltung haben. Somit funktioniert dasselbe Bild in einem Nachrichtenmagazin anders als in einer Frauenzeitschrift. Auf knapp 100 Seiten werden der Stand der Bildforschung und Folgerungen hierzu ausgebreitet. Diese Erkenntnisse wendet Wolf sodann auf die Nachrichtenmagazine an, um eine Basis für zukünftige Erforschungen der ‚visuellen Kommunikation in Printmedien' zu schaffen. Für die Nachrichtenmagazine ermittelt sie eine zweite "schnelle" Rezeptionsebene als Strategie des "visuellen Erzählens".

      Fazit: Eine sehr sorgfältige Untersuchung, ein wichtiger Baustein für das bessere Verstehen der Prozesse visueller Kommunikation.
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    Epple, Carola:
    Ältere als Zielgruppe des Zeitschriftenmarktes. Zeitschriftenkonzepte für ältere Zielgruppen
    Berlin: wvb 2005, 140 Seiten. 18,90 EUR, ISBN 3-86573-043-4
      (vo) Auch wenn die Werbung weiterhin dem Jugendkult huldigt - die Entwicklung unserer Gesellschaft verläuft eindeutig dahin, dass die Generation "50 plus" die "Zielgruppe der Zukunft" sein wird. Die Autorin beschäftigt sich zunächst mit den soziologischen Fakten und beschreibt wie stark sich die Lebensphase des Alters in den letzten Jahren verändert und ausdifferenziert hat. Sie entspricht längst nicht mehr den traditionellen und überwiegend negativen Klischees von den unbeweglichen Senioren.

      Aus diversen Studien werden Daten zusammengetragen, die Kaufkraft, Konsum- und Mediennutzungsverhalten der Älteren beschreiben - sie sind sehr wohl attraktive Zielgruppe speziell für Print. Im Mittelpunkt des Buchs steht die Analyse bereits bestehender Zeitschriftenkonzepte für Ältere, darunter "Brigitte Woman", "Best Life", "My Life" und "Lenz". Sie müssen sich gegenüber Lesern behaupten, die keinesfalls direkt als Senioren angesprochen werden wollen. Und auch gegenüber einer Werbebranche, die nach wie vor alte Vorurteile kultiviert. In die Darstellung fließen die Ergebnisse einer Vielzahl von Interviews mit Experten aus Verlagen und Mediaagenturen ein.

      Fazit: Die "neue" Zielgruppe wird prägnant umrissen - ein eindringliches Plädoyer, dass sich Publikumsverlage nicht nur auf junge Leser konzentrieren sollten.
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    Kühte, Alexandra:
    Das Frauenbild der feministischen Zeitschrift EMMA. Eine Untersuchung über die Darstellung von Frauen und die Behandlung frauenspezifischer Themen
    Berlin: wvb 2005, 308 Seiten. 35,00 EUR, ISBN 3-86573-056-6
      (md) Die dem Buch zugrunde liegende Dissertationsschrift ist an der Fakultät Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Osnabrück entstanden. Die Autorin untersucht drei Jahrgänge der Zeitschrift Emma, d.h. 18 verschiedene Ausgaben der Jahre 2000-2002. Insgesamt 313 Artikel werden so in die Analyse einbezogen und nach unterschiedlichen Themenfeldern sortiert. Ziel der Untersuchung ist es festzustellen, welches Frauenbild die feministische Zeitschrift heute vertritt, welche Themen Emma behandelt und welche Meinungen zur Gleichstellungsthematik sie transportiert.

      Die Arbeit startet mit einem Überblick zur Forschungsliteratur über Frauenzeitschriften, mit denen Emma, worauf die Autorin auch selbst verweist, allerdings kaum vergleichbar ist. Als feministisch-politische Zeitschrift verweigert Emma sowohl die Konsum- als auch die Anzeigenorientierung der klassischen Frauentitel. Es folgt ein Kapitel zur Lebenssituation und -realität von Frauen, indem vor allem soziologische Daten zu Bildung, Berufstätigkeit, Familienstand etc. zusammengetragen werden. Ein kurzes Kapitel über die subjektive Wahrnehmung moderner Geschlechterrollen kommt zum Ergebnis, dass zwischen dem theoretischen Anspruch auf Gleichberechtigung und der praktischen Rollenverteilung (Beispiel Hausarbeit) nach wie vor eine deutliche Diskrepanz besteht. Im vierten Kapitel präsentiert die Autorin vor allem Frauentypologien, wie sie die Marktforschung großer Frauenzeitschriften-Verlage regelmäßig neu entwickelt. Leider werden diese Typologien - welche ja vor allem dazu dienen, der Werbebranche phantasievolle Charakterisierungen der jeweiligen Leserschaften anzubieten, nicht hinterfragt. Denn welchen Wert Begriffe wie "Aschenputtel", "Smarte Schlampe", "Space Barbie" oder "Öko-Spiritistin" zur Beschreibung der unterschiedlichen Lebenssituationen, Milieus und Einstellungen von Frauen in unserer Gesellschaft tatsächlich haben, ist tatsächlich zweifelhaft.

      Mit einem relativ kurzen Kapitel über die Entstehung der Zeitschrift Emma und einigen Fakten zu redaktionellem Konzept, Auflagen und Leserschaft leitet die Autorin zum zentralen Teil der Arbeit über - der Untersuchung der Emma-Ausgaben mit einer hermeneutischen Interpretationsmethode. Drei zentrale Themenfelder werden definiert, denen sich Emma widmet: Politik, Gesellschaft, Öffentlichkeit (mit 76,4 % aller Beiträge der größte Block), gefolgt von Privater Lebenssituation und -gestaltung von Frauen (16,3%) und schließlich Arbeit und Beruf (7,3%). Diese Bereiche werden dann nochmals stark untergliedert und die von Emma vertretenen Meinungen zu Themen wie Justiz, Rentenpolitik, Medien, Abtreibung usw. mit einer Fülle von Zitaten aus den Artikeln illustriert. Kühte kommt zum Schluss, dass Emma ein Frauenbild propagiert, das sich an ihrer elitären Leserschaft ausrichtet: emanzipiert, frauensolidarisch, unabhängig, berufs- und karriereorientiert und erfolgreich (S. 275) und dass die Mehrheit der Frauen damit wohl nicht angesprochen wird.

      Fazit: Insgesamt gut lesbar mit einer Fülle interessanter Fakten und Passagen. Die einzelnen Kapitel stehen jedoch relativ unverbunden nebeneinander, die Fragestellung erscheint eindimensional. Es stellt sich wie bei vielen Arbeiten dieser Art die Frage, inwieweit der Ertrag den Aufwand wirklich rechtfertigt.
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    Archiv der Jugendkulturen e.V. (Hrsg.):
    50 Jahre BRAVO
    Berlin: Verlag Thomas Tilsner 2005. 254 Seiten farbiges Großformat, 28 EUR, ISBN 3-86546-036-4
      (vo) BRAVO ist eine beliebte Zeitschrift - nicht nur unter Jugendlichen. Besonders gerne wird auch über BRAVO berichtet, ist die Zeitschrift doch ein steter Spiegel der Jugendkultur und ein immer mal wieder umstrittener dazu (allerdings mit stark abnehmender Tendenz). Das letzte Sammelwerk zur Bravo erschien im Jahr 2000 und war für Laien und Fachleute sehr informativ (unsere Rezension lesen Sie hier). Nun erscheint zum 50. Jubiläum erneut ein Werk mehrerer Autoren.

      Das Archiv der Jugendkulturen sammelt eigentlich Zeugnisse der Jugend-Subkulturen, doch BRAVO war wohl zu verlockend. 13 Autoren haben sich an dem Band beteiligt, darunter Martin Goldstein, von 1969 bis 1984 eher als "Dr. Sommer" bekannt. Drei Themen stehen im Mittelpunkt der Beiträge: Bravo als Spiegelbild der Zeit, Bravo als Katalysator der Kommerzialisierung, Bravo und Sexualität. Die Reihenfolge der Beiträge entsprechen lose der Bravo-Chronik. Die Artikel sind reich bebildert und enden jeweils mit Literaturangaben zur Vertiefung.

      Die Artikel sind eine Mischung aus eigenem Erleben in der Zeit, Zitate aus der Bravo und der einschlägigen Sekundärliteratur, Befragungen von Zeitzeugen, Analysen. Sie sind überwiegend farbig und lebhaft geschrieben. Das zieht den Leser in die Zeit ihre Bravo-Hefte. Die Beiträge changieren entsprechend zwischen Impression, journalistischem Artikel und wissenschaftlicher Analyse.

      Bravo lebte und lebt von und mit den Popstars aus Film, Fernsehen und Musik. Dies intensiv zu durchdringen ist das Hauptverdienst des Buches "50 Jahre Bravo". Das Layout hebt jeden genannten Star-Namen in roter Schrift hervor, es ergeben sich Wiedersehen mit Marlon Brando, Elvis Presley, Winnetou (ausführlich), den Beatles (ausführlich), aber auch der Punk- und der Techno-Szene. Der Anhang weist Häufigkeiten in Zahlen nach: Die größten Hits (New Kids-"If you go away" vor Kelly-"Mama"), die erfolgreichsten Charts-Künstler (Kelly vor Beatles), die meisten Titelbilder (Britney Spears und Beatles vorn)alle Otto-Wahl-Sieger, dabei Piere Brice mit den meisten goldenen und den meisten Punkten vor Bon Jovi und Inge Meysel.

      Das Werk ist ein Lesebuch. Es empfiehlt sich auch als Lektüre für jüngere Menschen, die etwas über die Jugend in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfahren wollen. Zugleich ist es ein Beleg dafür, wie erlebnisreich der Umgang mit Zeitgeschichte am Beispiel einer Zeitschrift sein kann.
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