presseforschung.de

Rezensionen zu Neuerscheinungen 2002 - 2010

 

     
    Neumann 2010. Handbuch für Presse-Vertrieb und -Verkauf
    Hamburg: Presse Fachverlag 2010. 928 Seiten, 60 EUR (55 EUR im Abo), ISSN 1432-6434
    CD: Einzelpreis 45 EUR, Kombi Print/CD 99 EUR

    (vo) Der "Neumann" ist ein unersetzliches Nachschlagwerk für die Vielzahl an Adressen im Pressevertrieb. Wer sich rasch einen Überblick über die unterschiedlichen Akteure verschaffen will, wer Adressen von nahezu 2.000 Verbänden und Unternehmen mit den Kontaktdaten von rund 8.000 Entscheidern und Mitarbeitern braucht, der greift zum "Neumann".

    Die Jahresbilanz 2009 zeigt bei den großen Verlagshäusern Umstrukturierungen und Portfoliobereinigungen. Die Krise des Anzeigengeschäfts erhöhen die Wichtigkeit und Wertschätzung der Vertriebsumsätze auch 2009. Neue Titel werden in ähnlicher Anzahl wie 2008 gegründet. Für viele Objekte konnten die Verlage weitere Verkaufspreiserhöhungen im Markt realisieren.

    Der Adressenteil weist die Vertriebsbranche breit aus: Verlage, Nationalvertriebe, Service- und Support-Firmen, Grosso, Bahnhofsbuchhandel, BBZ, Lesezirkel, Logistikunternehmen und ausländische Importeure. Die Angaben zu den Firmen sind gut lesbar und immer detailreicher geworden: Geschäftszeiten, Webadressen, Emailverbindungen sind dabei die Pflicht. Zur Kür gehört zum Beispiel bei den Verlagen die Auflistung der Presseerzeugnisse oder beim Presse-Grosso die Beschreibung des Vertriebsgebietes oder die jeweilige Anzahl der belieferten Einzelhandelsbetriebe. Mehrere Register erleichtern hierbei das Auffinden der gesuchten Adressen.

    In den Adressenkapiteln des Handbuches ist den Sparten ein kurzer Text über die jeweilige Funktion und Entwicklung vorangestellt. Für das Pressegrosso werden die Gebietszuschnitte auf Karten abgebildet.

    Auch eine CD mit allen relevanten Daten ist für Windows-Betriebssysteme wieder verfügbar. Sie bedient sich einer Microsoft-Access-Runtimeversion und ermöglicht gezieltes Suchen, Ausdrucke und auch Exporte in andere Format (Excel, Word-Serienbrief, HTML).
    zurück

    Hans-Bredow-Institut (Hrsg.):
    Internationales Handbuch Medien 2004/2005
    Baden-Baden: Nomos 2004. 1200 Seiten, 128 EUR, ISBN 3-8329-0603-7

    (vo) Genau 1200 Seiten ist dieses Handbuch 2004/2005 stark. Bereits die als Überblicke angefertigten Aufsätze von neun Autoren erreichen mit insgesamt 165 Seiten einen Umfang, der zu einem eigenen Sammelband gereicht hätte. Diese Artikel behandeln kompetent zunächst aus juristischer Sicht die Themen internationale Informationsordnung und europäische Medienordnung, sodann aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht unter anderem die internationale Kommunikationspolitik, Pressedistribution und Mediennutzung im Vergleich sowie die Entwicklung des Internets.

    Die sich anschließende Darstellung der Mediensysteme in Europa und außerhalb Europas sucht ihres Gleichen, womit der umfangreiche Band als Standardwerk in jede gute Bibliothek gehört. Zu 70 Staaten gibt es gründlich recherchierte Einzeldarstellungen, zudem Gemeinschaftsüberblicke zu den Golfstaaten und zu Mittelamerika. Daten und Tabellen in den Artikeln stammen nicht nur aus öffentlichen oder bereits veröffentlichten Quellen, mitunter sind sie auch durch die Autoren in eigenen Recherchen oder gar Forschungen entstanden. Denn die Autoren sind überwiegend heimische universitäre Medienforscher.

    Jeder Artikel gibt Basisinformationen zur historischen Entwicklung, den Rechtsgrundlagen, der heutigen Struktur von Presse, Rundfunk und auch von Online-Medien. Soweit vorliegend, werden zudem Rezeptionsdaten wiedergegeben. Adressen von Institutionen und weiterführende Literaturhinweise beschließen die Artikel. Am Ende des Handbuchs findet sich noch eine Auswahlbibliographie ganz überwiegend deutschsprachiger Literatur und ein Register der erwähnten Institutionen.
    zurück

    Frühschütz, Jürgen:
    Horizont Medien-Lexikon
    Frankfurt a.M.: Deutscher Fachverlag 2004. 402 Seiten, 52 EUR, ISBN 3-87150-809-8

    (vo) Lexikaprojekte zur Medienvielzahl haben zur Zeit Konjunktur, und das ist auch gut so. Denn im Berufsalltag gibt es immer wieder Momente, in denen der schnelle Griff in das Regal für Klarheit sorgen könnte. Könnte, denn mit guten Medienlexika wurde die Branche bisher nicht gerade überhäuft.

    Das Horizont Medienlexikon verfolgt ein sehr kompaktes Konzept: 4.000 Stichworte auf 400 Seiten ergeben 10 Stichworte pro Seite. Zudem sind bei vielen Stichworten die englische und französische Bezeichnung dabei, Synonyme, Quasi-Synonyme, Antonyme und Verweise auf andere Stichwörter. Das System der Synonyme und Antonyme ist leider oft schief: Straßenverkäufer ein Synonym für Kolporteur? Abonnementzeitung ein Antonym von Kaufzeitung? Vier bis acht Zeilen pro Stichwort müssen also zumeist reichen, nur in seltenen Ausnahmen, z.B. "Zeitung" ist es mehr als eine Doppelseite. Lange Stichwörter bedeutet: historischer Schnellabriss, beim Beispiel Zeitung auf fünf Spalten. Der erste Wurf dieses Medienlexikons überzeugt noch nicht. Zu viele Verweise zwingen zum hin und her Blättern, was bei der codegeschützten Online-Version unter www.medien-lexikon.de vielleicht ein lustiges Herumklicken auslöst, in der Buchfassung aber nervt. Zumal sich diverse Stichworte gegenseitig als Referenz nutzen, andere Verweise ganz unverständlich bleiben - so verweist "Medientheorie" auf "Medienpraxis". Statt dieser Verweisbatterien wünscht man sich eher zur Vertiefung prägnante Literaturhinweise, die durchgängig fehlen.
    Die zwangsläufig sehr rudimentäre Stichwortgruppe der Zeitschriftennamen empfindet der Rezensent als überflüssig. Beispiel: "Stern (begr. 1965)(sic!), Markenname einer Wochenillustrierten aus dem -> Gruner+Jahr Verlag." Ähnlich ergeht es einem mit den Personennamen. Warum wird hier "Prinz, Günther Joachim (geb. 1929), bedeutender deutscher Journalist (u.a. Bild-Zeitung)" geführt, nicht aber Rudolf Augstein? Unter den Medientheoretikern finden sich lediglich die modischen Philosophen (McLuhan, Postmann etc.) versammelt. Alle wirklich wichtigen Wissenschaftler wie Lazarsfeld, Maletzke oder Luhmann fehlen hingegen.

    Die Stichworte sollten in der nächsten Auflage noch gründlich auf ihre Relevanz und Stringenz durchgekämmt werden. Während sich "Themenverlag" oder "Antwortrufnummer" finden, sucht man "Gratispresse" vergeblich. Und dann finden sich in der ersten Durchsicht auch inhaltliche Fehler: "Remissionsquote" umsatzbezogen statt absatzbezogen; "verkaufte Auflage" als Auflagenteil, der zum vollen Abonnements- bzw. Einzelverkaufspreis abgegeben wird, doch auch der sonstige Verkauf zählt natürlich zur Verkaufsauflage. Es bleibt dem Verlag noch viel zu tun, bis sich dieses Lexikon unter die Standardwerke zählen darf.
    zurück

    Deutsche Fachpresse (Hrsg.):
    Jahrbuch 2004 der Fachinformation
    Berlin: VDZ 2004. 158 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 3-931940-19-5

    (vo) In 25 Beiträgen wird das Spektrum der Aufgaben und Themen, welche die Fachpresse aktuell beschäftigen, aufgezeigt. Schwerpunkte sind diesmal alle klassischen Bereiche, vom Management über Herstellung/IT, Redaktion, Marketing/PR bis zum Vertrieb. Online ist in nur noch zwei Beiträge direkt vertreten, wird aber in vielen Artikeln mit angesprochen.

    Vorab warnt Uwe Hoch: "Kostenreduktion darf keine Marktanteile kosten" und fordert gemeinsam mit Reinhold Welina Innovationen ein. Gerrit Klein erklärt die Kennziffer zum toten Pferd und stellt die Alternative "InfoClick" vor. Verschiedene Autoren stellen die Qualität der Fachzeitschrift in den Vordergrund und plädieren für überlegte Optimierungen der Hefte; hierzu finden sich auch einige Beispiele.

    Insgesamt zeigt sich in den Beiträgen: Die Fachverlage sind aufgerufen, ihre Produkte noch besser im Konurrenzumfeld zu positionieren, noch stärker den USP auszubilden und die Qualität ihrer Produkte ihren Anzeigenkunden zu kommunizieren. Hierzu gehören wesentlich auch transparente Daten über Leserinteressen, Leserstruktur und Leseverhalten.
    zurück

    Deutscher Werberat:
    Jahrbuch 2004
    Berlin: edition ZAW 2004. 74 Seiten, 5 EUR + Versand; Studenten Sonderkonditionen.
    Direktbezug über Fax. 030-590099-722

    (vo) Im Jahr 2003 gingen Beschwerden zu 255 Kampagenen beim Werberat ein (Vorjahr: 270 Kampagnen). Von diesen wurden 52 Kampagnen beanstandet, dies ist jede fünfte. Nur in sieben Fällen sprach der Werberat eine öffentliche Rüge aus, ansonsten waren die Werbetreibenden einsichtig. Nach wie vor wenden sich Antragsteller zumeist wegen empfundener Frauendiskriminierung an den Werberat (43% aller Fälle). Am stärksten kritisierten die Antragsteller Kampagnen der Bekleidungsindustrie und von Herstellern alkoholischer Getränke. Nach Werbemitteln standen zumeist Plakate und Fernsehspots im Zentrum der Kritik.
    In 105 Fällen war der Werberat nicht zuständig. Zumeist wurden hierbei Rechtsverstöße behauptet, solche Hinweise werden an die zuständigen Stellen weitergeleitet. Aber es wurde auch Werbung moniert, die keine Wirtschaftswerbung ist. Für diese Werbung von Institutionen, Parteien, Gewerkschaften, Vereinen etc. beklagt der Werberat ein Kontrolldefizit.

    Durch die Schilderung der Arbeitspraxis des Werberats mit beispielhaften Beschwerdefällen, Übersichten und Dokumenten gibt das Jahrbuch 2004 einen guten Einblick in die Diskussion der Werbemoral in Deutschland.
    zurück

    Georgi, Oliver:
    Das Groteske in Literatur und Werbung.
    Stuttgart: ibidem Verlag 2003. 165 Seiten, 24,90 EUR, ISBN 3-89821-253-X

    (do) Wie und warum moderne Anzeigenwerbung auf das traditionelle Gestaltungsmittel des Grotesken zurückgreift sind zwei grundlegende Fragen im Buch von Oliver Georgi, das auf eine Magisterarbeit an der Uni Freiburg zurückgeht. Ausgangs- und Mittelpunkt der Untersuchung ist aber die Literatur: etwa zwei Drittel des Umfangs befassen sich mit Geschichte, Definition, Theorien des Grotesken und der Analyse von drei Beispieltexten aus der Literaturgeschichte; das letzte Drittel ist der Werbung gewidmet.

    Georgi gewinnt seine zentrale These aus den theoretischen Überlegungen von Peter Fuß, der das Groteske als "Medium kulturellen Wandels" definiert. Mit drei Mechanismen - Verzerrung, Kollision von Norm und Abweichung, Invertierung - stellt das Groteske die jeweils dominanten kulturellen Regeln in Frage. Werbung und Groteske treffen sich in der "Ambivalenz zwischen Faszination und Widerwillen" (S. 132) Die Werbung nutzt die Funktionsweise des Grotesken des Aufmerksamkeitswertes wegen: "So abgebrüht, durch nur noch Weniges schockierbar scheinen die heutigen Konsumenten zu sein, dass das Groteske in der ausgereizten Massenmedialität zusammen mit dem Genre der schockierenden Werbung fast die einzige Möglichkeit ist, sich noch vom Gewohnten abzuheben." (S.109). Anhand von sechs verschiedenen Printanzeigen wird der "eye-catcher-effekt" grotesker Bildmotive veranschaulicht. Dies kann zu durchaus harmlosen Ergebnissen führen, wie etwa der Rochen als Surfbrett, mit dem Microsoft für seine x-box wirbt. Inwieweit die moralische Grenzziehung in unserer Gesellschaft tangiert werden kann, zeigt das Beispiel der "Frau mit drei Brüsten" einer Media-Markt-Kampagne, die Proteste auslöste und den Werberat beschäftigte.

    Das wirft freilich die Frage auf, wie hoch der Anteil grotesker Motive in der Printwerbung tatsächlich ist. Wie bei allen starken Reizen müssten hier Abnutzungs-Effekte zu erwarten sein. In jedem Fall erscheint das Groteske als eine fruchtbare Kategorie, um Anzeigen zu klassifizieren und zu beschreiben. Georgi betont die Bedeutung des Visuellen in der modernen Werbung (S.110) - ebenso hat er die Herkunft des Grotesken-Begriffs aus der Kunsttechnik aufgezeigt (S. 16). Insofern wäre es interessant, die Verknüpfung von Werbung und literarischer Tradition zu ergänzen um groteske Bildmotive in der Kunst.
    zurück

    Früh, Werner:
    Inhaltsanalyse. Theorie und Praxis. 5., überarbeitete Auflage.
    Konstanz: UVK 2001. 283 Seiten, 39 DM (19,90 Euro), ISBN 3-89669-334-4

    (vo) Werner Früh ist Professor für Empirische Kommunikationsforschung und stellt in diesem anfängerorientierten Werk Theorie (110 Seiten) und Praxis (140 Seiten) in der 5. Auflage (1. Auflage von 1981) dar. Als Strukturbeschreibung des Medienangebots ist die Inhaltsanalyse in der Kommunikationswissenschaft weit verbreitet. Ziel des Werkes ist zunächst eine theoretisch fundierte, zugleich praktische Anleitung zur Durchführung von Inhaltsanalysen. Ausgeräumt werden sollen zudem Kontroversen in den Sichtweisen der "konventionellen" Inhaltsanalysen.

    Der erste Teil erläutert die Inhaltsanalyse als empirische Methode und charakterisiert ihren Forschungsprozess. Früh erklärt verständlich die Prinzipien der empirischen Wissenschaft und an einem Beispiel die verschiedenen möglichen Inhaltsaspekte von Inhaltsanalysen. Der Forschungsprozess wird in seinen Elementen Forschungsfrage/Hypothese, Kategoriensystem, operationalisierte Einheiten ebenfalls an Beispielen kompakt beschrieben. Im letzten Abschnitt "Codiervorgang" diskutiert der Autor ausführlich die Möglichkeiten und Bedingungen, unter denen verschiedene Codierer dieselben Passagen eines Textes übereinstimmend interpretieren und erfassen. Hierbei wird auch das erkenntnistheoretische Transformationsmodell von Früh/Schönbach einbezogen. Eine Zusammenfassung beschließt den ersten Teil.

    Der zweite Teil stellt am konkreten Beispiel "Zeitungsberichterstattungen über die Kernkraft" den gesamten Analyseablauf dar (Planung, Entwicklung, Test, Anwendung, Auswertung). Dies geschieht anhand einer Themen-Frequenzanalyse, die in eine Argumentanalyse ausgeweitet wird. Schließlich werden drei komplexe Weiterentwicklungen erläutert, darunter Interaktionsanalysen und computerunterstützte Inhaltsanalysen.
    zurück