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Rezensionen zu Neuerscheinungen 2000 - 2002

 

     
    Kübler, Hans-Dieter:
    Medien für Kinder. Ein Überblick
    Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2002. 209 S. 19,90 Euro. ISBN 3-531-13824-3

    (md) Die Forschungsliteratur zu Kindermedien ist so umfangreich wie das Themenfeld, weshalb ein Überblick zu begrüßen ist. Das Buch handelt nach einer definitorischen Einführung alle relevanten Medien in Einzelkapiteln ab. Es bietet abschließend eine Zusammenfassung wesentlicher Forschungsfragen und Forschungsergebnisse zum Medienkonsum von Kindern. Der Autor folgt einem chronologischen Prinzip und bezieht die jeweiligen historischen Entwicklungen mit ein. Dies gilt sowohl in der Abfolge der dargestellten Medien - von der Literatur über Theater, Presse, Comic hin zu Film, Funk, Tonträger, Fernsehen und schließlich Video, Computerspiele, Internet - als auch innerhalb der Kapitel.
    Der Gefahr einer rein deskriptiven Zusammenschau entgeht Kübler durch eigene Strukturierungen und Einordnungen, wie sie schon in den Überschriften zum Ausdruck kommen (z.B. "Kinderfernsehen: von der pädagogischen Nische zum effizienten Werbeträger"), aber auch durch die kritische Beschreibung der kommerziellen Mechanismen und der Marktforschung. (z.B. S.162, S.171)

    Notgedrungen - und der Autor weist in seinem Vorwort auch darauf hin - können die Kapitel nur den jeweiligen Forschungsstand zu den Medien wiedergeben. Daher bilden sich die Ungleichgewichtigkeiten und Lücken der Forschung entsprechend ab. So sind etwa im Kapitel Tonträger Daten zu den wichtigsten Unternehmensgruppen, Vertriebswegen und Marktsegmenten enthalten. Hingegen ist über die relevanten Kinderbuchverlage im Literatur-Kapitel nichts Vergleichbares zu lesen. Der Forschungsüberblick zur Mediennutzung widmet sich ausführlich dem Fernsehen und Computerspielen - die Rezeption von Zeitschriften wird nur in einem Nebensatz gestreift (S.169).

    Besonders lesenswert ist der Forschungsüberblick. Hier werden die relevanten Theoreme, Bereiche und Ergebnisse der Forschung kompakt und dennoch differenziert dargestellt, eingeordnet und bewertet.
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    Hackl, Wolfgang und Kurt Kropol (Hrsg.):
    Wortverbunden - Zeitbedingt. Perspektiven der Zeitschriftenforschung
    Innsbruck u.a.: StudienVerlag 2001, 344 Seiten, 35 EUR, ISBN 3-7065-1606-3

    (vo) Im Studienverlag, Innsbruck, ist ein Sammelband erschienen, der sich - so der Untertitel - mit den Perspektiven der Zeitschriftenforschung befasst. 27 Autoren geben, so die Hoffnung der Herausgeber im Vorwort, durch die Breite der möglichen Fragestellungen und ihrer methodi-schen Zugänge Anstöße und Anregungen für weitere Studien und stellen "die Relevanz und Wichtigkeit der Zeitschriftenforschung unter Beweis" (S. 8). Freilich wird das Spektrum der interessierenden Druckerzeugnisse im Vorwort bereits stark begrenzt. Thema sind Literatur-zeit-schriften als Gegenstand literaturwissen-schaftlicher Forschung, wobei die Herausgeber "Zeitschriftenforschung als eigenständiges Fachgebiet innerhalb der breiten Palette literatur-wissenschaft-licher Forschung" verorten.

    Der Sammelband beginnt mit einem knappen, achtseitigen bilanzierenden Beitrag von Wolfgang Duchkowitsch zur Definitionsgeschichte. So löblich es ist, die problematische Rolle von Wilmont Haacke in der NS-Zeit und danach auszubreiten - Duchkowitsch behandelt das Thema eher exemplarisch denn systematisch. Weder wird der Zeitschriftenbegriff im Kontext der Presse insgesamt diskutiert, noch begründet der Autor, warum es überhaupt einer Theorie der Zeitschrift bedarf.
    Der Band verzichtet auf eine interne Gliederung, stattdessen sind die Artikel in der Chronologie der behandelten Zeitschriften angeordnet. Sie reichen vom "Journals des Luxus und der Moden" (1786-1827) bis in die Gegenwart der Special- Interest- Zeitschriften. Freilich ergibt sich hieraus im Sammelband eine völlige Mischung der Fragestellungen und Methoden, was die Orientierung des Lesers erheblich erschwert. Etliche der Aufsätze gehen sehr spezifischen literaturwissenschaftlichen Erkenntnisinteressen nach und werten hierbei mitunter Zeitschriften auch nur als zeitgenössische Quellen aus. Im Vergleich zu den vorherrschenden Sichtweisen in der Kommunikations-wissen-schaft ist es belebend, wie detailliert mitunter in den Aufsätzen nach dem "warum" und "wie" der Zeitschriften-gründung gefragt und in welchem Maße auch die jeweilige Funktion der Zeitschriften erörtert wird. Die monographische Skizze des "Journal des Luxus und der Moden" von Doris Kuhles zum Beispiel zeigt eindrucksvoll, welches Quellenpotential auch bei Zeitschriften des 18. Jahrhunderts für die Untersuchung der Zeitschriften-entwicklung und ihrer gesellschaftlichen Relevanz noch vorhanden sein kann. Leider zeigt keiner der Beiträge in den Analysen explizit Schnittstellen zur Medienwissenschaft oder zur Kommunikations-wissenschaft auf. Allerdings wird z.B. an dem Beitrag von Lorelies Ortner zu "Special Interest- Zeitschriften und ihrer Rolle bei der Popularisierung von Fachwortschätzen" auch deutlich, dass die Kommunikationswissenschaft der Literaturwissenschaft kaum Hilfestellungen für eine gelungene pressesystematische Einordnung bereitstellt. Den Sammelband schließen zwei Innsbrucker Beiträge zur Erschließung von Zeitschriften mittels Digitalisierung bzw. mittels Zeitschriftendatenbanken ab.
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    Altendorfer, Otto:
    Das Mediensystem der Bundesrepublik Deutschland. Band 1.
    Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2001. 344 Seiten, 25 EUR, ISBN 3-531-13435-3

    (do) Wer das Mediensystem der Bundesrepublik schnell und kompakt erarbeiten will, greift bislang häufig auf Meyn's "Massenmedien in der Bundesrepublik Deutschland" zurück, ein flüssig lesbares, sowohl Fakten als auch Zusammenhänge verbindendes Buch, das in der Darstellung allerdings notwendigerweise nicht allzu tief geht.
    Das Buch von Altendorfer präsentiert sich demgegenüber umfang- und faktenreicher. Band 1 des zweibändig angelegten Werks hat einen deutlich juristischen Schwerpunkt: Rechtliche Grundlagen für Medien und Medienarbeit (I), Rundfunkurteile des Bundesverfassungsgerichts (IV), Rundfunkgebühren (V), Jugendschutz und Selbstkontrolle der Medien (VI), Medienrecht (IX) und Urheberrecht, Rechte und Lizenzen (X). Hinzu kommen Kapitel über Medienstruktur (II), Medienkonzentration (III), Mediennutzung und Medienausstattung (VII) und Medien- und Marktforschung (VIII).
    Für jedes Kapitel findet sich im Anhang ein Literaturverzeichnis. In den einzelnen Teilkapiteln werden am Ende zusätzlich Literatur- bzw. Website-Empfehlungen gegeben. Der Autor skizziert das Mediensystem nicht in großen Zügen, sondern in Form von einzelnen, kurz gehaltenen Absätzen. Diese sind nummeriert, eine Maßnahme, deren Sinn jedoch nicht unmittelbar einleuchten mag: Jedes Kapitel beginnt in der Zählung neu, die Auffindbarkeit einzelner "Paragraphen" wird dadurch nicht erleichtert.

    Wenn man nun im Bereich Presse etwas genauer liest, so haben sich eine Reihe von Fehlern ergeben, wie es bei einem Kompilationswerk zu befürchten ist. Beispiel Konzentration/ Tageszeitungen (S.100): Hier wird ein Aufsatz von Vogel empfohlen, der sich ausschließlich mit Publikumszeitschriften befasst. Tabelle Konzentration/ Publikumszeitschriften/ Marktanteile der Großverlage (S.100): Die Daten aus MediaPerspektiven 1974-1998 dürfen hier nicht einfach mit denen aus dem Jahr 2000 verknüpft werden, denn die Berechnungsgrundlage wurde inzwischen verändert. Stichwort Anzeigenblätter (S.101): Die Quellenangabe zur Tabelle der Auflagenanteile ist irreführend - die Tabelle ist zwar in Heinrich: Medienökonomie enthalten, stammt aber von Röper/Pätzold.
    Hinzu kommen auch allgemeine Ungenauigkeiten: Eine "Konkurrenzvermeidungs-Strategie" kann momentan für die Printmedienbranche insgesamt nicht konstatiert werden, sondern nur für den Tagespressemarkt (S.97).
    Auch die Auswahl der aufgenommenen Aussagen erscheint mitunter fragwürdig. So ist zum Beispiel im Kapitel zur Filmnutzung der zentrale Satz gewählt: "Über vier Prozent oder knapp drei Millionen Bundesbürger können als regelmäßige wöchentliche Kinogänger bezeichnet werden." (S.217) Damit wird der Stellenwert des Kinos unter den anderen Medien aber nicht hinreichend beschrieben. Im Vergleich zur durchschnittlichen täglichen Verweildauer der Deutschen vor dem Fernseher (drei Stunden) wäre die durchschnittliche Zahl der Kinobesuche (nämlich nur zwei im Jahr 2000) noch aussagekräftiger.

    "Alles Wissenswerte" (Klappentext) zusammenzutragen, erweist sich offensichtlich als schwieriges Unterfangen, das womöglich ohne eine Zusammenarbeit von Spezialisten der Teildisziplinen kaum zu leisten sein dürfte. So sehr also einerseits ein neues Überblickswerk zum Mediensystem zu begrüßen wäre, so wenig geeignet erscheint indes der Weg der Kompilation. Auch an die Lesbarkeit sind für ein Lehrbuch andere Ansprüche zu stellen.
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    Vogel, Andreas und Christina Holtz-Bacha (Hrsg.):
    Zeitschriften und Zeitschriftenforschung. Sonderheft 3/2002 der Zeitschrift Publizistik
    Wiesbaden: Westdeutscher Verlag Verlag 2002. 292 Seiten, 29,90 EUR, ISBN 3-531-13661-5
    (für Abonnenten der Zeitschrift Publizistik 22,50 EUR)

    (Klappentext) Der fachwissenschaftliche Diskurs über die Thematik "Zeitschriften" ist heute in der Kommunikationswissenschaft nicht der lebhafteste. Zu keiner Zeit war die Zeitschriftenforschung ein gut erschlossenes Feld der Publizistik- bzw. Kommunikationswissenschaft.
    In Deutschland besteht daher eine auffällige Diskrepanz des Umfangs wissenschaftlicher Grundlagenforschung zur vorfindbaren Fülle an periodischen Zeitschriften aller Art, zum Engagement der Pressewirtschaft in der Vermarktung von Zeitschriften, zum kartellrechtlichen Regelungsbedarf von Pressemärkten, und schließlich zur Relevanz von Zeitschriften für die Vermittlung jüngster Moden, Trends, Tendenzen und Entwicklungen in allen Lebens- und Berufsbereichen.

    Der vorliegende Sammelband "Zeitschriften und Zeitschriftenforschung" möchte die heutige Zeitschriftenforschung ein Stück bilanzieren, ihre Themen und Fragestellungen aufzeigen, Ergebnisse präsentieren und zugleich auf die vielfältigen weißen Flecken der Forschung hinweisen.

    Der Band enthält 11 Originalbeiträge zur Zeitschriftenforschung heute (Systematik, Geschichte der Zeitschriften und ihrer Erforschung, Ökonomie), zu einzelnen Pressegattungen (Publikumspresse, Kundenpresse, Kirchenpresse), zu spezifischen Erkenntnisinteressen (Eltern-, Jugend-, Frauenzeitschriften sowie Zeitschriftengestaltung) sowie zwei Wiederabdrucke historischer Texte. Die Autorinnen und Autoren sind ausgewiesene Experten für Zeitschriften und Zeitschriftenforschung aus Wissenschaft und Praxis.
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    Frey, Ulrich D. (Hrsg.):
    POS-Marketing. Integrierte Kommunikation für den Point of Sale. Strategien, Konzepte, Trends
    Wiesbaden: Gabler 2001. 385 Seiten, 49,90 EUR, ISBN 3-409-11550-1

    (vo) In Zeiten stagnierender Einzelverkäufe werden in allen Verlagshäusern POS-Aktionen erwogen und geplant. Vielfach fehlen dem Verlagsmanagement aber noch die Kenntnisse und Erfahrungen zu dieser Marketing-Form. Der Sammelband von Frey ist für diese Zielgruppe ein grundsätzlich hilfreiches Kompendium. Das Werk gliedert sich in sechs Teile: Der Verbraucher, POS-Marketing, Hersteller, Handel, Zusammenarbeit Handel-Industrie, Effizienz von Promotion. Ein Stichwortverzeichnis rundet den Band ab.

    Zwar findet sich unter den 27 Beiträgen keiner, der die spezifische Situation des Presseverkaufs behandelt. Aber dafür erhält der Leser vielfältige Einblicke in die Strategien und Methoden anderer Branchen. Denn die Artikel stammen zumeist aus den Federn von Geschäftsführern, Vertriebsleitern und POS-Marketing-Agenturen.

    Grey-Director Neuhaus beschreibt zunächst detailreich auf 22 Seiten die Grey-Namensschöpfung "Smart Shopper" als Herausforderung für den Handel. Der folgende Einführungsartikel zum POS-Marketing hingegen enttäuscht durch seinen zu powerpointigen, fraktalen Aufbau. Auch den Beitrag "Schritte zur erfolgreichen Verkaufsförderung" (11 Seiten) wünscht man sich deutlich ausführlicher.

    Die weiteren Artikel beinhalten auch für die Pressebranche viele bedenkenswerte Impulse. Ob die Markenführung, die Beziehung Hersteller-Handel oder das Promotionhandling - neue Wege im Vertrieb sind notwendig, um heute erfolgreich Werte zu schöpfen. Sie müssen zudem über die klassische Verkaufsförderung hinausgehen. Diese Aussage durchdringt alle folgenden Beiträge und wird auch durch viele einleuchtende Beispiele untermauert. Insbesondere darf der Handel nicht mehr als "Durchverkaufs-Station" betrachtet werden. Er ist ein Kunde, der erwartet, dass er auch immer wieder zum Verkauf der Verlagsprodukte motiviert wird, dass die Beziehungen zu ihm gepflegt werden und dass er in gemeinsame Marketingaktionen für den Endverbraucher einbezogen wird.
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    Kloepfer, Michael:
    Presse-Grosso unter dem Schutz von Verfassungsrecht und Europarecht. Zur Stellung des Pressevertriebs im deutschen und europäischen Verfassungsrecht
    Baden-Baden: Nomos 2000. 90 Seiten, 38 DM, ISBN 3-7890-6114-X

    (vo) Im Auftrag der Stiftung Presse-Grosso untersucht Kloepfer die Stellung des Pressevertriebs auf der Grundlage des europäischen Verfassungsrechts. Hierzu schildert der Autor zunächst die derzeitige Ausgestaltung des Presse-Grossos und schildert die wettbewerbsrechtliche Problematik. Ausführlich geht er dann auf die ökonomische Bedeutung des Grosso ein, wobei er den Aspekt des Infrastrukturnetzes für eine vielfältige Presse herausarbeitet. Weiterhin wird der Grundrechtsschutz auf nationaler und europäischer Ebene diskutiert.

    Klöpfer kommt zu dem Ergebnis, dass das Pressegrosso weit mehr als ein großhandelsorientiertes Vertriebssystem bildet. Denn das Vertriebssystem bildet inzwischen eine Grundrechtsvoraussetzung der Pressefreiheit. Effizienz, Flexibilität und Neutralität verknüpft mit Preis- und Gebietsbindung sichern die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Presseprodukten einerseits und geringe Vertriebsmarkt-Zutrittsbarrieren für Verlage andererseits. Das Pressegrosso als Netz "ist daher gerade auch als Netz grundrechtlich geschützt" (78).
    Aus der Bedeutung einer freien Presse erwächst dem Staat Verantwortung für die Presse-Infrastruktur und damit für einen "effektiven und möglichst flächendeckenden Pressevertrieb" (79). Abgeleitet bedeutet dies, der Gesetzgeber darf "die gewachsene Form des Pressevertriebs nicht zerschlagen (...), ohne eine gleichgeeignete Alternative aufzubauen" (ebda.). Konkret ist somit eine ausnahmslose Anwendung des Kartellrechts, z.B. bei Streichung des § 15 GWB, nicht zulässig.
    Weiterhin muss der Gesetzgeber eine Beherrschung des Pressevertriebs durch einen oder mehrere Großverlage durch geeignete Mittel ausschließen. Diese würde z.B. dann vorliegen, wenn verlagsbeherrschte Vertriebsunternehmen versuchen, verlagsunabhängige Vertriebe zu verdrängen. Der Schutz der freien Presse bindet die europäischen Organe in gleicher Weise wie die deutschen. Dies gilt somit auch für die Auslegung europäischer kartellrechtlicher Vorschriften.
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